10. Februar 2024
Praxistest La Strada Regent EB 4x4: Viel Platz im Offroad-Kasten
Knapp sieben Meter lang ist der Regent EB, das erfordert beim Rangieren Augenmaß auch wenn die Karosserie sehr übersichtlich ist. Auf die Rückfahrkamera wollen jedoch auch hier erfahrene Womo-Piloten nicht verzichten. Der lange Radstand (4,33 Meter) verlangt seinen Tribut, bisweilen dauert es, bis der Sprinter korrekt auf dem Stellplatz positioniert ist. Dann aber empfängt er seine Bewohner mit Behaglichkeit und einer cleveren Raumausnutzung.
Der Grundriss offenbart keine Überraschungen, ins Innere gelangt man trotz elektrischer Einstiegsstufe jedoch erst mit einem großen Schritt. Der 4x4-Antrieb wuchtige Offroad-Reifen im 18-Zoll-Format steigern die Bodenfreiheit, fast zehn Zentimeter höher liegt der Boden des Wohnraums verglichen mit der hinterradgetriebenen Version. Die größere Höhe macht manchen eher kurzbeinigen Campern auch den Einstieg ins Fahrerhaus schwer, ohne den hilfreichen Haltegriff im Türrahmen wäre die Kletterübung eine wirkliche Herausforderung.
Hinter den drehbaren Fahrersitzen ist die Zweierbank angeordnet, ihre Rückenlehne lässt sich dank der Lounge-Funktion in verschiedenen Neigungen arretieren, was den Sitzkomfort verbessert. Beide Plätze sind hier mit Gurten bewehrt, können also auch während der Fahrt genutzt werden. Der Tisch unterdessen muss weichen, wenn es auf die Etappe geht. Zu knapp ist der Raum zwischen Bank und Rückenlehne des Fahrersitzes, unterwegs verschwindet er daher in einem gepolsterten Staufach im vorderen Teil des Hochdachs. Wenn er fürs Dinner aufgestellt wird, hält ihn eine zentrale Aluminiumsäule felsenfest in der Waage, seine Platte lässt sich nach dem Lösen der Arretierung dann nach Belieben in zwei Wegen verstellen.
An die Dinette schließt der Toilettenraum an. Ein klappbares Waschbecken verbessert das Raumangebot, so dass beim Duschen keiner aneckt. Erfreulich auch die ausgezeichneten Silikonarbeiten, die den Spalt zwischen den Wänden und der Duschtasse perfekt abdichten. Auf einen Vorhang, der ohnehin nur wie ein Schlauch auf der nassen Haut klebt, kann verzichtet werden.
Und eine weitere Besonderheit hält der Regent bereit. Unser Modell war mit einer optionalen Trockentoilette ausgerüstet, die ohne Chemie auskommt. Je nach Art der Benutzung gilt es nach der Verrichtung die Taste mit dem kleinen oder dem großen Kreuz zu drücken, dann verschweißt der Lokus den eingelegten Plastikbeutel und legt ihn in einer Schublade unten im Klo ab. Die Plastikfolie, aus der anschließend automatisch ein weiterer Beutel für die nächste Nutzung vorbereitet wird, reicht für etwa 14 Toilettengänge und ist unter dem Sitz versteckt. Ist die Schublade voll, können die wirklich reißfesten Beutel (haben wir ausprobiert) mit dem Restmüll entsorgt werden. Die Clesana-Toilette kostet 1500 Euro Aufpreis und stammt aus der Schweiz, wo sie bei infektiösen Krankenhaus-Patienten eingesetzt wird, die herkömmliche WC-Anlagen der Eidgenossen nicht benutzen dürfen.
Gegenüber der Nasszelle ist die Küchenzeile eingebaut. Ihr zweiflammiger Gasherd bietet auch größerem Kochgeschirr reichlich Platz, der Rost aus schwarzem Gusseisen gibt ihm einen sicheren Stand. Die modisch-rechteckige Spüle ist schick, lässt sich aber schlechter reinigen als runde. Anrichtfläche gibt es auf einem anschließenden Schrank, der wie auch der Unterbau der Küche mit rollengelagerten Schubladen in wohldimensionierten Größen bestückt sind. Der auf der Fahrerseite eingebaute Kühlschrank fasst 133 Liter, statt des Absorbergerätes ist auf Wunsch ein gleichgroßer mit Kompressor zu haben.
Die beiden Einzelbetten empfangen mit ausgezeichnetem Schlafkomfort, ihre Kaltschaummatratzen liegen auf Tellerfedern, die sich sehr gut dem Körper anpassen. Mit zwei Metern Länge gehört die Liegefläche auf der Beifahrerseite zu den größten dieser Klasse, das linke Bett misst immerhin 1,85 Meter. Beide sind 85 Zentimeter breit und lassen sich mit Polsterstücken zur Liegewiese verbinden. Im Kleiderschrank sowie in den Dachstaukästen ist selbst für üppigste Urlaubsgarderobe genügend Platz.
Unterwegs stellt sich heraus, dass die voluminöse, grobstollige Bereifung zwar Traktionsgewinn im Gelände, aber wesentlich lautere Abrollgeräusche auf Asphalt verursacht. Auch der martialische Ansaugschnorchel ist eher ein optisches als praktisches Accessoire. Beides kostet zusammen rund 6700 Euro Aufpreis, und es kommen nochmals gut 8000 Euro für den Allradantrieb selbst hinzu. Extra bezahlt werden muss außerdem der stärkere 190-PS-Diesel (statt 170 PS), wobei die Mehrausgabe von 4000 Euro ebenso wie die 3300 Euro für die neunstufige Automatik eher lohnen. Denn müde wirkt der Regent EB damit trotz seines stattlichen Leergewichts von 3350 Kilogramm zu keiner Zeit. Steigungen bezwingt er mühelos, stets findet das Getriebe die passenden Übersetzungen, die sanft, fast zärtlich gewechselt werden. In Verbindung mit der komfortablen Federung ist das Reisen im Regent eine wahrhaft fürstliche Sache.
Dennoch fällt der hohe Verbrauch auf. Obwohl der Regent aufgrund seines zulässigen Gesamtgewichts von 4,1 Tonnen mit maximal 100 km/h reisen darf, verlangte der Diesel 12,9 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer. Auch hierbei spielen Fahrzeughöhe und die Bereifung eine Rolle. Aber wer am Ende und unter Berücksichtigung aller üppig an Bord vorhandenen Extras 159.463 Euro für ein Reisemobil ausgibt, wird sich um einen Liter mehr oder weniger nicht scheren.
Daten La Strada Regent EB 4x4
Länge x Breite x Höhe (m): 6,97 x 2,03 x 2,91
Radstand (m): 4,33
Motor: 4-Zyl.-Turbodiesel, 1950 ccm, AWD, 9-Gang-Aut.
Leistung: 140 kW/190 PS bei 3800/min,
Max. Drehmoment: 400 Nm bei 1700/min
Leergewicht: 3350 kg
Zuladung: 750 kg
Schlaf-/Sitzplätze: 2/4
Stehhöhe: 1,95 m
Frisch-/Abwassertank 100/70 Liter
Durchschnittsverbrauch: 12,9 l/100 km
Max. Anhängelast: 2800 kg
Basispreis: 100.959 Euro
Testwagenpreis: 159.463 Euro
(Quelle: Michael Kirchberger, cen)