28. Juni 2024
Praxistest Hyundai Santa Fe: Abschiedstour in die Alpen
Denn für rund 60.000 Euro gibt es hier die Volle-Hütte-Ausstattung: Head-up-Display, Voll-LED-Scheinwerfer, Nappalederpolster, neue Assistenzsysteme, ferngesteuertes Ein- und Ausparken – alles Dinge, für die man beim Wettbewerber viel Geld zahlen muss. Und selbst Annehmlichkeiten wie das 12,3 Zoll große Digital-Cockpit, vollelektrisch einstellbarer Fahrersitz, Sitzheizung und -belüftung gehören sogar – oder vor allem – in sogenannten Premium-Fahrzeugen nicht zum Standard. In unserem Fall, der Topversion, laden darüber hinaus ein zweifarbiger Innenraum in der Grundfarbe Schwarz mit belüfteten Nappaledersitzen im Farbton Camel und ein Dachhimmel in Wildlederoptik zum Streicheln ein. Auch das Instrumentenboard ist mit hochwertigen Materialien und teilweise Leder bezogen. Zusätzlich zur Serienausstattung des Santa Fe Prime ist beim Signature auch das Assistenz-Paket II inklusive Querverkehrswarner mit Notbremsfunktion und Autobahn-Assistent ab Werk an Bord.
So lässt es sich auf große Fahrt gehen, etwa wie in unserem Fall von Hamburg ins Großwalsertal und wieder zurück. Denn die Paradedisziplin des 4,80 Meter langen SUV ist eindeutig die Langstrecke. Hier kann er seine Qualitäten als komfortables und geräumiges Reisefahrzeug voll ausspielen. In der Stadt, wo sich ideologisch gefestigte Aktivisten damit selbstbefriedigen, die Luft aus den Reifen zu lassen, hat man hie und da beim Rangieren in zugestellten Nebenstraßen oder so mancher Parkhaus-Bucht mit seinen üppigen Maßen zu kämpfen. Dabei hilft allerdings das fahrerlose Einparken per Schlüssel. Einfach vor der Lücke aussteigen und den Wagen auf Knopfdruck vor- und zurückfahren lassen.
Auch der Hybridantrieb, bestehend aus einem 1,6-Liter-Turbobenziner mit 180 PS und einer 44-kW-E-Maschine, fühlt sich hörbar wohler, wenn die Fahrt möglichst gleichmäßig vorangeht. Zwar hat der Verbrenner-Elektro-Zwitter mit 230 PS Systemleistung und 350 Newtonmeter Drehmoment auf dem Papier ausreichend Kraft, den 1,8 Tonnen schweren SUV in Schwung zu bringen. Voll beladen und besetzt allerdings klingt er bei Anstrengung doch etwas, nun ja, überfordert. Vor allem in plötzlichen Tempovorstößen bei Überholmanövern auf der Landstraße oder Kickdown-Arien auf der Autobahn, protestiert er akustisch vernehmlich. Lässt man ihm dagegen Zeit auf Touren zu kommen, zieht er kräftig durch. Und hat auch seinen Spritdurst besser im Griff. Im Durchschnitt kamen wir mit 8,5 Litern auf 100 Kilometer gut hin, in der Stadt sank es eher gen Normverbrauch (6,1 Liter), auf der Autobahn wurde es auch schon mal zweistellig.
Dabei wirkt das Zusammenspiel des Motoren-Duo sehr harmonisch und wechselt sich je nach Anforderung ab, ohne dass man am Lenkrad davon was mitbekommt. So kommt der große Trumm trotz seines vergleichsweise kleinen Vierzylinders gut aus den Startblöcken, weil die 264 Nm des Elektromotors die Anfahrschwäche des kleinen Turbobenziners locker kaschieren. Das Fahrwerk ist europäisch straff getrimmt, Kurven durcheilt das hochbauende SUV mit geringer Seitenneigung, auf Querfugen spricht die Federung dagegen etwas hölzern an. Ebenso wie der teilelektrische Antrieb trägt auch die sanft schaltende 6-Stufen-Automatik zur angenehmen Laufkultur bei.
Aber auch das Auto selbst ist ausgesprochen leise. Doppelverglasung, zusätzliche Dämmung, schallabsorbierende Systeme: Hyundai hat eine Menge angestellt, um dem Lärm der Außenwelt draußen zu halten. Aber ebenso für den Wohlfühlkomfort an Bord, mit dem sich auch 1000 Kilometer und mehr problemlos abspulen lassen. Dafür sorgen neben dem dick gepolsterten Sitzgestühl vor allem die großzügige Raumaufteilung. Während Fahrer und Beifahrer immer schon größtmöglichen Freiraum genießen, wissen auch die Hinterbänkler die üppige Knie-, Kopf- und Schulterfreiheit zu schätzen. Sind diese – wie in unserem Fall – nicht an Bord, lassen sich die Rücksitze auch einzeln verschieben und klappen, um so noch ein Gepäckstück oder Proviantkiste mehr zu verstauen. Das funktioniert praktischerweise auch vom geöffneten Kofferraum aus. Bis zu 1700 Liter lassen sich maximal über eine ausreichend niedrige Ladekante verstauen.
Ein Ritt durch die Republik gibt auch eine gute Gelegenheit sich mit den Technik- und Komfort-Goodies vertraut zu machen. In der Mittelkonsole ersetzen Shift-by-wire-Tasten den Wählhebel, was auf Anhieb gut und selbsterklärend funktioniert. Ein eigenständiges Highlight der Koreaner ist auch immer wieder der Totwinkel-Monitor, der bei jeder Blinkerbetätigung ein Kamerabild des rückwärtigen Verkehrs in den linken oder rechten Tacho des Digital-Cockpit-Displays projiziert. Ebenso nützlich erscheint darüber in der Frontscheibe das acht Zoll große Head-up-Display, das selbst bei starker Sonneneinstrahlung in brillanter Qualität Tempo, Navi-Anweisungen und Hinweise der Assistenzsysteme anzeigt. Der 10,25 Zoll-Touchscreen im Instrumentenboard erlaubt dazu den intuitiven Zugriff auf alle üblichen Infotainment-Funktionen, darunter auch die kabellose Integration des eigenen Smartphones, sei es nun Apple oder Android. Aufladen lassen sie sich dabei via Ladeschale mit bis zu 15 Watt.
Als Segen bei längeren Fahrten erweist sich der Autobahn-Fahrassistent (HDA), der sich auf Knopfdruck am Lenkrad aktivieren lässt. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Spurhalteassistent und Geschwindigkeitsregelung, die Sensoren und Kartendaten nutzt, um die Geschwindigkeit automatisch anzupassen. So verlieren Radarfallen ihren Schrecken, ebenso wie in Verbindung mit dem serienmäßigen Stauassistenten das nervtötende Stop&Go-Gezuckel.
Neben Fahrkomfort und ausreichend großen Transportkapazitäten empfiehlt sich bei einem Ritt durch die Republik in die (teils verschneiten) Berge aber auch ein leistungsfähiger Allradantrieb. Auch den hatte unser Santa Fe mit dem Allradsystem HTRAC an Bord. Dabei handelt es sich um eine Kupplung, die geschlossen bis zu 50 Prozent der Kraft an die Hinterachse schicken kann. Per griffgünstigem Drehregler auf der Mittelkonsole lassen sich spezielle Anpassungen für Fahrten durch Sand, Schnee und Schlamm sowie die Fahrmodi Eco, Sport und Komfort wählen, welche die Kraftverteilung und Beschleunigung beeinflussen. Auf Oberflächen wie Schnee, Kies und Schlamm erhöht das System die Traktion und sorgt für ein verbessertes Kurvenverhalten, was auch bei nebelfeuchten Serpentinenfahrten auf Schneematsch ein beruhigendes Gefühl vermittelt. Wird es dann mal richtig rutschig, packen automatisch alle vier Räder zu. Ebenso übrigens wie im Sportmodus, um eine verbesserte Beschleunigung zu ermöglichen. Im Eco-Modus hingegen wird nur der Vorderradantrieb genutzt, um Sprit einzusparen und im Komfortmodus verteilen sich bis zu 35 Prozent des Drehmoments auf die Hinterräder, wodurch sich die Stabilität des Fahrzeugs erhöht.
So bewegt man sich sicher über Berg und Tal. Auch den landwirtschaftlichen Ziehweg zur einsam gelegenen Berghütte bewältigt der Santa Fe problemlos. Allein von echtem Gelände sollte man sich angesichts der bescheidenen 170 Millimeter Bodenfreiheit möglichst fern halten, will man nicht von einem (hoffentlich gerade vorbeifahrendem) Alm-Bauern mit dem Traktor aus dem Tobel gezogen werden.
Unterm Strich ist der (noch) aktuelle Hyundai Santa Fe ein ausgereiftes SUV, das in Sachen Komfort und Praktikabilität keinen Konkurrenz fürchten musst. Zwar sind rund 60.000 Euro dafür auch eine stolze Summe, doch angesichts seiner unmittelbar bevorstehenden Ablösung steht sicher noch das eine oder als Schnäppchen auf den Händlerhöfen der Republik.
Daten Hyundai Santa Fe HEV 1.6 T-GDi 4WD Signature
Länge x Breite x Höhe (m): 4,79 x 1,90 x 1,69
Radstand (m): 2,77
Antrieb: Vollhybrid mit 4-Zyl.-Benziner, 1598 ccm, 6-Gang-Automatik, Allradantrieb,
Systemleistung: 169 kW / 230 PS
Systemdrehmoment: 350 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 187 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 9,1 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 6,1 Liter
CO2-Emissionen: 139 g/km (WLTP)
Energieeffizienzklasse: A
Schadstoffklasse: 6d
Leergewicht (EU)/ Zuladung: min. 1871 kg / max. 524 kg
Kofferraumvolumen: 634-1704 Liter
Preis: ab 61.100 Euro
(Quelle: Frank Wald, cen)