Praxistest Hyundai i10 N Line: So attraktiv kann Klein(st)wagen sein

Die Automobilwelt beginnt mit dem so genannten A-Segment. Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnet die Fahrzeuge dieser Klasse als „Minis“ ein. Mancher spricht vom Kleinwagen, der wiederum ist offiziell im B-Segment angesiedelt. Kleinstwagen hört sich aber genauso wenig schmeichelhaft an wie Mini. Und wird den Vertretern dieser Fahrzeugkategorie auch nicht gerecht. Bei Hyundai bildet der i10 den Einstieg in die Markenwelt – und der fällt mit dem nicht nur optisch aufgemöbelten N Line besonders attraktiv aus.

Der Dreizylinder mit einem Liter Hubraum liefert in der dem N Line vorbehaltenen Turboversion immerhin 100 PS, die es mit knapp 1100 Kilogramm Fahrzeuggewicht zu tun bekommen. Das sorgt für ausreichenden Vorwärtsdrang und für 185 km/h Höchstgeschwindigkeit mit dem nicht einmal 3,70 Meter langen Hyundai, wobei der kleine Motor für einen Vertreter seiner Gattung erstaunlich elastisch ist. Bei 1800 Umdrehungen in der Minute kann bereits getrost der nächst höhere Gang eingelegt werden. Bei Tempo 100 auf der Landstraße liegen im fünften und letzten Gang 2200 Touren an. Bei Autobahnrichtgeschwindigkeit sind es 2900 U/min. Bis Tempo 150 bietet der Hyundai immer noch deutlich spürbare Beschleunigung. Dann dreht sich die Kurbelwelle 3400-mal in der Minute, wobei der Motor nicht lauter als der Fahrtwind ist. Dazu gesellen sich eine direkt arbeitende Lenkung und viel Seitenhalt bietende Sitze. Das sorgt in einem Fahrzeug dieser Klasse für erstaunlich viel Fahrspaß. Das Fahrwerk ist ausreichend straff, ohne den Komfort zu vernachlässigen.

Einige rote Akzente, etwa um die Lüftungsausströmer und an den Sitzpolstern, sowie die Alupedalerie und das Lederlenkrad das im A-Segment übliche Hartplastikinterieur ein wenig auf. N-linientreu zeigt sich auch der Dachhimmel in gefälligem Schwarz. Das alles trägt durchaus zu einer gewissen sportlichen Atmosphäre bei, zu der natürlich auch der typische Klang eines Dreizylinders gut passt. Es gibt ein digitales Cockpit, wobei sich der Sinn der je nach Fahrweise bis zu fünf auftauchenden äußeren und zunehmend blasseren Ringe nicht erschließt. Sie werden eher störend als zweckmäßig wahrgenommen werden und sind in unseren Augen schlicht überflüssig. Die beiden individuell belegbaren Lenkradtasten sind da schon wesentlich willkommener und alles andere als selbstverständlich, schon gar nicht in einem Klein-, pardon Kleinstwagen, der zudem vorne mit einer eine dreistufigen Sitz- und auch einer Lenkradheizung aufwartet. Auch die doppelte Verkehrszeichenerkennung ist alles andere als selbstverständlich. Das Infotainmentsystem, dessen Bildschirm formschön direkt an die Instrumentenanzeige anschließt, verfügt übrigens noch über bordeigene Navigation statt sich auf das Vorhandensein eines Smartphones zu verlassen.

Die Assistenzsysteme reagieren sensibel und zuverlässig, das gilt insbesondere für den Notbremsassistenten des Frontkollisonswarners, im Fall des Falles beherzt eingreift. Aber auch beispielsweise die Stopp-Start-Automatik ist alles andere als zögerlich, das gilt sowohl für das Ab- als auch wieder Anschalten des Motors. Die Sprachsteuerung gibt ebenfalls keinen Anlass zur Klage. Nur der Aufmerksamkeitsassistent wirkt etwas überempfindlich. Nicht selten fragten wir uns, was ihn denn gestört haben soll.

Unerwartet gut fallen die Platzverhältnisse im Fond aus. Mitreisende finden hinten nicht nur für ein Fahrzeug dieser Klasse ausreichend Kniefreiheit, sondern die Sitze bieten auch relativ viel Beinauflage. Unter dem Kofferraumboden bietet die üppige, aber leere Reserveradmulde noch Platz für Dinge, die gerne mitgeführt, aber nur selten benötigt werden. Eine nette Geste sind die Schlitze, mit denen die hinteren Gurte bei Nichtgebrauch oder dem Umklappen der geteilten Rücksitzbank arretiert werden können. Und ebenfalls keineswegs selbstverständlich ist im A-Segment ein nach umgelegten Rückenlehnen ebener Ladeboden.

Unser Fazit: So überzeugend kann Klein(st)wagen sein. Allerdings sollten gut und gerne ein bis anderthalb Liter mehr als der versprochene Normverbrauch einkalkuliert werden. Aber das geht aus unserer Sicht in Ordnung. Dass Dreizylinder im Alltag längst nicht so sparsam sind wie auf dem Papier, ist kein Geheimnis.

Daten Hyundai i10 N Line

Länge x Breite x Höhe (m): 3,68 x 1,68 x 1,48
Radstand (m): 2,68
Antrieb: R3, 998 ccm, Turbobenziner, FWD, 5-Gang-Schaltung
Leistung: 74 kW / 100 PS bei 4500 U/min.
Max. Drehmoment: 172 Nm bei 1500 U/min.
Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 10,5 Sek.
WLTP-Duchschnittsverbrauch: 5,4 l
CO2-Emissionen: 123 g/km
Testverbrauch: 6,8 l
Leergewicht / Zuladung: 1099 kg / 447 kg
Kofferraumvolumen: 252–1050 Liter
Basispreis: 22.190 Euro
Testwagenpreis: 22.440 Euro