11. Juni 2024
Fahrbericht Xpeng G6: Der Dritte im Bunde
Xpeng kommt zugute, dass sich der Hersteller seit seiner Gründung allein auf die Entwicklung und Produktion von vollelektrischen Fahrzeugen spezialisiert hat. „Xpeng hat noch nie ein Verbrennermodell entwickelt und wird das auch nie machen“, erklärt der Deutschlandchef der Marke, Markus Schrick. Mit dieser Strategie hat sich das junge Unternehmen einen beachtlichen Vorsprung verschafft. Insgesamt 15.000 Angestellte entwickeln und produzieren die Modelle. „40 Prozent der Angestellten“, so Schrick, „arbeiten in der Entwicklung und bei der Suche nach neuen Software-Lösungen.“. Offensichtlich mit überzeugendem Erfolg, denn vor einem Jahr besiegelte Volkswagen mit dem chinesischen Neuling eine strategische Zusammenarbeit, was wiederum dem deutschen Ableger bei der Händlersuche hilft. „Wenn Volkswagen mit Xpeng eine Zusammenarbeit vereinbart, muss die Marke gut sein“, beschreibt Schrick die Reaktion der potenziellen Partner. Aktuell arbeiten er und sein Team an einem Netz von Standorten, „bei dem die Kunden höchstens 50 bis 60 Kilometer zum nächsten Händler fahren müssen“.
Doch genug der Theorie, rein ins Auto. Der G6 – im August im Handel – passt sich mit seinem Design der in diesem Segment üblichen Formensprache an. Die glattgebügelte Karosserie hat einen cw-Wert von 0,248, was sich während der Fahrt in eine angenehm dezente akustische Atmosphäre übersetzt. E-Mobile sind von Natur aus Leisetreter, doch der G6 ist noch eine Stufe zurückhaltender. Der Mensch hinter dem Lenkrad blickt auf eine aufgeräumte Informationszentrale. Über den 10,2 Zoll großen vor dem Fahrer angeordneten Bildschirm können die wichtigsten Fahrinformationen abgerufen werden. Für alle anderen Funktionen steht ein 14,96 Zoll großer Bildschirm bereit. Software-Updates werden wie bei Xpeng üblich „over the air“ aktualisiert.
Im Innenraum haben die Spezialisten der Marke wertige Materialien verarbeitet und dabei offensichtlich mit viel Sorgfalt gehandelt. So entsteht zwar nicht unbedingt eine Wohnzimmer-Atmosphäre, von der die Marketingexperten gerne reden, doch dank des großzügigen Radstands von 2,89 Metern (bei einer Außenlänge von 4,75 Metern) herrschen vorne und hinten großzügige Raumverhältnisse, und für das Gepäck steht ein Raum von 571 Litern bereit.
Der G6 kommt serienmäßig mit Heckantrieb und mit wahlweise zwei Batteriegrößen zu den Kunden. Der kleinere Speicher leistet 66 kWh, der größere Akku kommt auf 87,5 kWh und kann mit einem Allradantrieb kombiniert werden. Die Reichweiten liegen zwischen 435 und 570 Kilometern für die Hecktriebler. Die 4x4-Variante schafft 550 Kilometer. Die E-Motoren leisten zwischen 190 kW (258 PS) und 350 kW (476 PS) beim Allradler.
Der G6 nutzt die neu entwickelte Plattform SEPA 2.0 FUAYO. Das klingt irgendwie kryptisch und nach einem neuen Zahlungsverfahren internationaler Geldinstitute, doch dahinter verbirgt sich unter anderem 800-Volt-Technologie, so dass der G6 mit bis zu 280 kW geladen werden kann, was sich an einer entsprechenden Ladestation in 15 Minuten übersetzt, bis die Akkus von 20 auf 80 Prozent geladen ist.
Bei der Beurteilung chinesischer Automobile gab es meistens Lob für die Batterie- und Ladetechnik, und auch die Software erhielt beste Noten. In der Abteilung analoge Technik, also beim Fahrwerk, gab es regelmäßig Kritik – beim G6 ist das anders, denn auch hier kann er sich sehen lassen. Der G6 gehört zu den angenehmen Vertretern seiner Art, und bei der Entwicklung wurde offensichtlich Wert auf eine komfortable Fahrweise gelegt. Der G6 bügelt die Defizite der Infrastruktur gut weg, so dass die Insassen weitgehend von den Folgen von Schlaglöchern verschont bleiben. Die Lenkung ist präzise, und auch die Bremsen arbeiten dank der Nutzung der aktuellen Bosch-Technik zuverlässig. Der G6 kommt mit allen Assistenten, die das Fahren angenehmer und sicher machen zu den Kunden.
Besonders kurz ist die Liste der zusätzlichen Optionen. Der G6 rollt in allen Versionen auf 20-Zoll-Rädern, hat ein großes Panoramadach, verstellbare und beheizbare Sitze, die vorne noch eine Belüftung bieten, ein beheizbares Lenkrad und vier USB-Anschlüsse sowie ein Audiosystem mit 18 Lautsprechern und 960 Watt und eine umfangreiche Bibliothek mit Musik-, Video- und Unterhaltungsapps. Auch eine Wärmepumpe für die kalte Jahreszeitung ist an Bord. Die einzigen Optionen sind eine elektrisch ausfahrbare Anhängerkupplung und einige Außenfarben. Der G6 wird zudem mit einer Garantie von sieben Jahren oder 160.000 Kilometern ausgeliefert.
Bleibt die Frage nach den Preisen, und die ist nicht einfach zu beantworten, denn die hängen auch davon ab, was demnächst in Brüssel beschlossen wird. Aktuell stehen 43.600 Euro für die Basisversion mit Heckantrieb und kleinem Energiespeicher im Raum. Die Heckantriebsversion mit größerem Akku könnte ohne Brüsseler Eingriffe bei 49.600 Euro liegen und die Allradversion bei 58.600 Euro. Für 69.600 Euro steht auch noch eine Variante mit Flügeltüren in den Startlöchern. Doch das kann sich alles ändern, wenn die EU-Kommission ernst macht und Strafzölle erhebt.
Daten Xpeng G6 RWD Long Range
Länge x Breite x Höhe (m): 4,75 x 1,92 x 1,65
Radstand (m): 2,78
Antrieb: Elektromotor, RWD
Leistung: 210 kW / 286 PS
Max. Drehmoment: 440 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,7 Sek.
Elektr. Reichweite: 570 km (WLTP)
Leergewicht / Zuladung: min. 2025 kg / k.A.
Preis: 49.600 Euro (vorläufig)
(Quelle: Walther Wuttke, cen)