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22. Februar 2024

Fahrbericht VW Tiguan: Gegenwind macht ihm nichts aus

Eigentlich kommt der neue Volkswagen Tiguan zur Unzeit: Die dritte Generation des Erfolgsmodells aus Wolfsburg, über sieben Millionen Fahrzeuge wurden bisher verkauft, fährt genau in den politischen Gegenwind, der den SUV derzeit überall ins Gesicht bläst: Paris verlangt dreimal so hohe Parkgebühren, Tübingen sogar viermal so viel fürs Anwohnerparken. Andere Städte planen Ähnliches. Doch vieles spricht dafür, dass auch der neue Tiguan auf der Erfolgsspur bleibt.

Denn die Kunden verlangen unbeirrt nach SUV: Wie schon bei Tiguan I und II sorgt bei Nummer III die hohe Sitzposition für Übersicht und komfortables Ein- und Ausstiegen. Nur dass jetzt die Sitze sogar mit Massagefunktion bestellt werden können. Der Platz auf der Rückbank ist gewachsen, auch der Kofferraum auf stattliche 652 Liter. Die drei Zentimeter Außenlänge (4,54 Meter) machen den neuen Tiguan noch familien- und reisetauglicher.

Der Armaturenträger wird von zwei Bildschirmen dominiert. Das digitale Cockpit ist 10,25 Zoll groß, der Bildschirm in der Mitte je nach Ausstattung 12,9 oder 15 Zoll. Der Fahrer wird zusätzlich per Head-up-Display mit den wichtigsten Informationen versorgt, zum Beispiel mit der gerade zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder den Navigationspfeilen. Die werden auf die Frontscheibe gespiegelt, als würden sie auf die Straße projiziert.

Der bald vorgeschriebene Geschwindigkeitswarner hält sich beim Tiguan angenehm zurück, warnt nicht zickig bei jeder kleinsten, oft nur vermeintlichen Übertretung und lässt sich mit einem Fingerdruck auf das Display ausschalten. Ohnehin ist das Infotainment der jüngsten Generationen (MIB 4) leicht zu bedienen. Vieles erschließt sich intuitiv. Ein „Fahrerlebnisschalter“ auf der Mittelkonsole fungiert auch als Lautstärkeregler. Ein Bedienelement, das viele nicht missen wollen. Weitere Funktionen wie das Ambientelicht und die Fahrprofile lassen sich hier ebenfalls steuern.

Oder man fragt die Spracherkennung „Ida“, ob sie die Heizung hoch oder die Lautstärke runterregeln kann. Und wer nach etwas fragt, das nichts mit dem Auto zu tun hat, wird sich künftig wundern. Nach dem ersten Update soll Ida entsprechende Fragen an die Künstliche Intelligenz von Chat-GPT weiterreichen, auf die das Infotainment dann Zugriff haben wird.

Ob Ida dann erklären kann, wie ein Doppelkupplungsgetriebe funktioniert? Die DSG-Automatik ist in allen Tiguan serienmäßig. Sie wird mittels Lenkstockhebel gesteuert. Insgesamt stehen acht Antriebsvarianten mit sechs oder sieben Gängen zur Wahl. Vom 1,5 Liter Benziner, der von einem kleinen 48-Volt-Startergenerator unterstützt wird (1.5 e-TSI), bis zum Plug-in-Hybrid, der bis zu 100 Kilometer rein elektrisch fährt. Auch zwei Turbodiesel gibt es – für die unerschrockenen Fans des sparsamen Selbstzünders. Wer einen Allradantrieb wünscht, muss die 2,0-Liter-Benziner oder den stärksten, 193-PS-Diesel wählen. Alle anderen Antriebe wirken nur auf die Vorderräder.

Auf den Plug-in-Hybrid (PHEV) ist man bei VW besonders stolz. Er soll die Lücke füllen zwischen dem vollelektrischen Antrieb, der im Tiguan nicht angeboten wird, und dem Verbrenner. 150 oder 200 kW (204 oder 272 PS) leisten die e-Hybrid genannten Antriebe. Entsprechend energisch zieht der Tiguan an den Vorderrädern, die dann doch mal ihre liebe Mühe haben, so viel Power und Drehmoment (400 Newtonmeter) auf die Straße zu bringen. Wer den Tiguan e-Hybrid sportlich bewegt, stellt fest, dass der 1,5-Liter-Benziner bei hohen Drehzahlen etwas angestrengt klingt.

Auch wenn die elektrische Reichweite von 100 Kilometern im winterlichen Alltagsverkehr schwer erreichbar sein wird, dürften die meisten Kunden den Benziner ihres e-Hybrid selten hören. Über 99 Prozent der Fahrten sind unter 100 Kilometer lang, hat das Verkehrsministerium ermittelt. Und wenn es doch mal länger sein muss, lässt sich der eHybrid an Schnellladesäulen mit bis zu 50 kW Gleichstrom wieder aufladen. Von zehn auf 80 Prozent Ladestand vergehen voraussichtlich nur 23 Minuten. Ein sensationeller Wert für einen Plug-in-Hybrid. Jetzt lohnt es sich endlich, bei Pausen auf der Raststätte den Tiguan an der Ladesäule zu hängen.

Für klassische Langstreckenfahrer, Pferdebesitzer oder Wohnwagen-Urlauber hat VW nach wie vor den Diesel im Programm: Bis zu 1000 Kilometer Reichweite ohne zu tanken schafft der kleine, 150 PS starke Selbstzünder. 2300 Kilogramm Anhängelast kann der große, 193-PS-Diesel ziehen.

Erneut gibt es den Trailer-Assist, der das Rückwärtsfahren mit Hänger zum Kinderspiel macht. Ohnehin ist der neue Tiguan mit Fahrerassistenten gut bestückt: Die Option „Park Assist Pro“ lässt das Auto fernbedient per App wie von Geisterhand ein- und ausparken. Doch damit nicht genug: Das System speichert bis zu 50 Meter einer Einparksituation – zum Beispiel die Fahrt auf dem eigenen Grundstück in die Garage. Beim nächsten Mal bietet der Tiguan an, dieser Strecke eigenständig zu übernehmen. Enge Carports verlieren so ihre Schrecken.

Gleiches gilt für schlechte Straßen: Die Stoßdämpfer werden nun mit zwei regelbaren Ventilen dem Untergrund angepasst. Das und der längere Radstand führen zu einem deutlichen Plus an Komfort. Lediglich bei der Geräuschdämmung der Motoren könnte VW noch etwas nachlegen.

Ansonsten lässt der Tiguan kaum Wünsche offen – bis auf den nach noch mehr Platz. Denn als „Allspace“-Siebensitzer gibt es ihn nicht mehr. Im achten Jahr wird VW den Tayron nachliefern, ein nochmal um 20 Zentimeter gewachsenes SUV mit dann sieben Sitzplätzen, aber den Antrieben und den technischen Finessen des Tiguan. Den gibt es in der kleinsten Motorisierung, dem 130 PS Benziner mit 48-Volt-Hybrid (e-TSI), ab 36.600 Euro. Das sind zwar rund 5000 Euro mehr als der Vorgänger kostete, der aber noch handgeschaltet daherkam. Und der e-TSI hat einen weiteren Vorteil: Er kann nicht nur wegen des niedrigen CW-Wertes (0,28) mit Gegenwind umgehen. Er wiegt unter 1600 Kilogramm – und darf damit in Paris und Tübingen weiter zum Preis eines ganz normalen Pkw parken. 

Daten VW Tiguan e-TSI

Länge x Breite x Höhe (m): 4,54 x 1,84 x 1,66
Radstand (m): 2,68
Antrieb: R4-Benziner, 1498 ccm, 13,5-kWE-Motor), FWD, 7-Gang-DSG
Gesamtleistung: 96 kW / 130 PS bei 5500 U/min
Max. Drehmoment: 220 Nm bei 1500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 198 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 10,6 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 6,1 Liter
CO2-Emissionen: 139 g/km
Leergewicht / Zuladung: min. 1598 kg / max. 512 kg
Kofferraumvolumen: 652–1650 Liter
Max. Anhängelast: 1600 kg
Basispreis: 36.600 Euro

(Quelle: Guido Reinking, cen)

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