
21. März 2025
Fahrbericht Volvo XC90: Alter Schwede, der läuft und läuft und…
In Deutschland allerdings nur noch mit zwei Motorvarianten, als Hybrid-Benziner und Plug-in-Hybrid. Der sparsame Diesel wurde mit dem Facelift ausgemustert. Wobei der strapazierte Begriff in diesem Fall tatsächlich zutrifft. Die Änderungen sind nämlich marginal und nur mit Kennerblick zu sehen. Die auffälligste Änderung betrifft die Front: Die neuen Matrix-LED-Scheinwerfer sind etwas schlanker, Thors Hammer – die markante Lichtsignatur – noch prägnanter. Ein Blickfang ist der diagonal gestreifte Kühlergrill, der sich nun über die gesamte Front zieht und den SUV etwas moderner und dynamischer wirken lässt. Am Heck finden sich dunkler getönte Rückleuchten und feine schwarze Applikationen. Zudem stehen neue Farben und Felgen bis 22 Zoll zur Auswahl. Äußerlich war‘s das, insgesamt nach wie vor ansprechend, wenn auch keine wirkliche Neuerung.
Das gibt es dann schon eher im Innenraum des XC90, der weiterhin auf skandinavischen Chic setzt. Hochwertige Materialien, durchdachte Ergonomie und ein aufgeräumtes Cockpit bestimmen das Bild. Helles, offenporiges Holz, edle Stoffe und wahlweise Nappaleder oder das nachhaltige Nordico-Material sorgen für eine ebenso hochwertige und gemütliche Atmosphäre. Die neue Mittelkonsole bietet nun mehr Stauraum, während die kabellose Ladeschale weiter oben platziert ist, um größeren Smartphones Platz zu bieten. Die wohl wichtigste Neuerung findet sich jedoch im Infotainment-System.
Volvo spendiert dem XC90 das aus dem EX90 bekannte, Android-basierte System mit einem 11,2-Zoll-Touchscreen. Das neue System ermöglicht Updates „over the air“ und bietet eine intuitive Bedienung. Die Google-Integration erlaubt eine nahtlose Verknüpfung mit dem Smartphone, bei dem Nutzer ihre Apps, Kontakte und Playlists direkt ins Fahrzeug übertragen können. Trotz des digitalen Fortschritts setzt Volvo aber auch weiterhin auf analoge Bedienung. Anders als in deren Elektro-Modellen bleibt die Spiegelverstellung ein separater Schalter in der Tür und auch ein klassischer Lautstärkeregler ist vorhanden – eine kleine, aber wichtige Erleichterung im automobilen Alltag.
Allerdings gibt es auch Kritikpunkte. Die Materialauswahl ist nicht durchgehend überzeugend. Während Armaturenbrett und Mittelkonsole hochwertig wirken, enttäuschen die Türverkleidungen mit dünnem Kunststoff. Auch kann das Interieur, je nach vielfältiger Farb- und Materialkombination, etwas unruhig wirken. Zudem bleibt die dritte Sitzreihe ein Kompromiss: Sie ist zwar serienmäßig vorhanden, bietet aber nur eingeschränkt Platz für Erwachsene und auch Kinder halten es dort nicht lange aus. Wird sie hingegen umgeklappt, stehen bis zu 1816 Liter Stauraum zur Verfügung – genügend für eine ausgedehnte Urlaubsreise oder den großen Einkauf im schwedischen Möbelhaus.
Unter der Haube hat Volvo das Motorenangebot gestrafft. Einen Diesel gibt es nicht mehr. Die Einstiegsvariante B5 setzt auf einen 2,0-Liter-Vierzylinder mit 250 PS (184 kW), unterstützt von einem 48-Volt-Mildhybridsystem. Klingt erst einmal solide, ist auf der Straße aber nicht wirklich aufregend. Die 2,2 Tonnen Lebendgewicht machen sich bemerkbar, und beim Anfahren wünscht man sich manchmal etwas mehr Biss. Trotz optimierter Effizienz bleibt der Verbrauch mit realistischen neun Litern auf 100 Kilometern recht hoch – besonders für Fahrer, die lange Strecken zurücklegen.
Dynamischer präsentiert sich da der Plug-in-Hybrid T8, der mit seinen 335 kW (455 PS) eine beeindruckende Systemleistung bietet. Er kombiniert einen 2,0-Liter-Turbo-Benziner mit einem Elektromotor, was für ordentlich Vortrieb sorgt, vor allem beim Überholen oder auf der Autobahn. Wenn beide Aggregate im kurzzeitigen Zusammenspiel über 700 Nm Drehmoment aktivieren, wuchtet sich die 2,3 Tonnen schwere Fuhre in sportwagenähnlichen 5,4 Sekunden auf Tempo 100. Die Spitze ist wie bei allen Volvos auf 180 km/h limitiert. Rein elektrisch kann er mit maximal 140 km/h fahren, bei niedrigen Geschwindigkeiten in der Stadt oder über Land geht’s ausschließlich elektrisch voran.
Vorausgesetzt, die Batterie hat ihre 18,8 kWh, von der sie allerdings nur 14,7 kWh nutzen kann geladen. Die nach WLTP kombinierte elektrische Reichweite läge damit bei 72 Kilometern, doch die Realität ist wie so oft eine andere. Auf unserer Testrunde durch das Berchtesgadener Land, unter blauem Himmel aber mit einstelligen Temperaturen, ging der Batterie schon nach knapp 55 Kilometern der Saft aus. Das ist zwar immer noch genug für den täglichen Pendelverkehr, aber nicht gerade die Reichweite, die man von einem Plug-in-Hybrid im Jahr 2025 erwarten darf. Ebenso unzeitgemäß wirkt die Ladeleistung, die mit 6,4 kW fast drei Stunden für eine volle Batterie braucht. Das können Wettbewerber längst deutlich schneller.
Unterwegs gibt der XC90 nach wie vor den Komfort-König. Die gelungene Geräuschisolierung und solide Verarbeitung schirmen die Insassen wirkungsvoll von der Außenwelt ab und schaffen eine Wohlfühloase. Das optionale Bowers-&-Wilkins-Soundsystem verwandelt den Innenraum in einen Konzertsaal. Das Fahrwerk ist klar auf Komfort getrimmt. Ist die optionale Luftfederung verbaut, gleitet das 2,3 Tonnen schwere SUV sanft über jede Unebenheit, was vor allem auf langen Autobahnetappen für entspanntes Reisen sorgt.
Dynamische Ambitionen zeigt es dagegen weniger. Eine neue Doppelquerlenker-Aufhängung an der Vorderachse verbessert zwar die Agilität. Die Lenkung arbeitet dennoch sehr leichtgängig, vermittelt erst in der „Sport“-Einstellung ein besseres Gefühl für die Straße, und lässt es dennoch bei schnelleren Kurvenfahrten an Präzision vermissen. Der XC90 ist und bleibt nun mal ein Cruiser, kein Kurvenkünstler.
Auch die Assistenzsysteme überzeugen durch ihre zurückhaltende, aber effektive Arbeitsweise. Spurhalter und Totwinkelassistent greifen sanft ein, statt hektisch Alarm zu schlagen. Der adaptive Tempomat funktioniert zuverlässig, allerdings mahnt der XC90 übervorsichtig, die Hände stets am Lenkrad zu halten. Der Geschwindigkeitswarner ist dezent, lässt sich jedoch mit einem schnellen Tastendruck deaktivieren.
Volvo verlangt für den B5-Mild-Hybrid mindestens 79.890 Euro, für den Plug-in-Hybrid T8 starten die Preise bei 87.490 Euro. Die Preise sind in den letzten eineinhalb Jahren um bis zu 10.000 Euro gestiegen – ein deutlicher Sprung. Wer sich durch den Konfigurator klickt, kann den Preis mit den teureren Ausstattungslinien oder Extras wie adaptives Luftfahrwerk (2430 Euro), Nappaleder (2150 Euro) und High-End-Soundsystem (3060 Euro) auch locker über die 100.000-Euro-Marke treiben. Damit bewegt sich Volvo auf Augenhöhe mit Konkurrenten wie dem Audi Q7 oder dem BMW X5, allerdings deutlich über einem Hyundai Santa Fe PHEV oder Kia Sorento, die bis zu rund 20.000 Euro günstiger ausfallen – wenn auch mit kleineren Abstrichen bei Ausstattung und Sicherheitsfeatures.
Daten Volvo XC90 T8 AWD Ultra Bright
Länge x Breite x Höhe (m): 4,95 x 1,96 x 1,77
Radstand (m): 2,98
Antrieb: R4-Turbobenziner, 1969 ccm, 310 PS (228 kW), AWD, Achtgang-Automatik
Elektro-Motor: 107 kW / 145 PS
Batteriekapazität, brutto/netto: 18,8 kWh / 14,7 kWh
Systemleistung: 335 kW / 455 PS
Systemdrehmoment: 309 Nm + 400 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,4 Sek.
WLTP-E-Reichweite: 72 km
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 1,6-1,2Liter
WLTP-Energieverbrauch: 21,4-19,1 kWh
CO2-Emissionen: 36-29 g/km
CO2-Klasse: B
Leergewicht / Zuladung: min 2297 kg / 653 kg
Kofferraumvolumen: 262–1816 Liter
Max. Anhängelast: 2400 kg
Basispreis: 94.890 Euro
Testwagenpreis: 108.120 Euro
(Quelle: Frank Wald, cen)