2. Juni 2024
Citroën e-C3: Vive la e-Revolution
Der C3 hat sich in den 22 Jahren seit Markteinführung mit insgesamt 5,6 Millionen Modellen zum absoluten Bestseller gemausert, stellt allein 30 Prozent aller Citroën-Verkäufe. Auch die vierte Generation wird im slowakischen Werk in Trnava gebaut, deren günstige Produktionskosten neben anderen ein Grund für die günstige Positionierung ist. Dazu kommt, dass der Wagen auf der technisch einfacheren „Smart-Car“-Plattform aufbaut, die speziell für frontgetriebene Fahrzeuge des B-Segments mit Verbrenner-, Hybrid- und Elektroantrieb entwickelt wurde. Darauf werden in Zukunft neben dem Crossover-Derivat C3 Aircross noch weitere Modelle im Stellantis-Konzern entstehen, so etwa auch der Nachfolger des Fiat Panda.
Doch wie fährt sich der Billig-Stromer, den Citroën – den Dacia Spring geflissentlich ignorierend – als „Revolutionär“ im europäischen Stromer-Markt feiert? Nun, im besten Sinne unspektakulär. Wie für Elektroautos üblich, sprintet der Wagen munter drauf los. Der 83 kW (113 PS) starke Elektromotor liefert ausreichend Leistung und Drehmoment, um den rund 1,5 Tonnen schweren Wagen laut Datenblatt in elf Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Gefühlt geht es schneller voran, für jedes denkbare Manöver in urbanen Räumen jedenfalls reicht es allemal.
Fahrwerk und Fahrkomfort hinterlassen ebenso einen guten Eindruck. Schon die Basisversion „You“ ist erstmals in der mit dem Advanced Comfort Federung ausgerüstet, die mit zwei hydraulisch arbeitenden Stoßdämpfern Asphaltbrüche, Bahnübergänge oder Querfugen glatt bügelt. Dazu kommen in der von uns gefahrenen höheren Version „Max“ noch Sitze mit einem hochverdichteten Spezialschaum, der insbesondere auf längeren Fahrten für Komfort sorgen soll. Wir waren zwar nur gut 100 Kilometer damit unterwegs, können das Sesselfeeling aber durchaus bestätigen. Was vielleicht fehlt, ist der Seitenhalt, wenn es doch mal schneller durch die Kurven geht – wofür E-Autofahrer im Allgemeinen nicht bekannt sind und der C3 im Speziellen nicht gedacht ist.
Und dennoch beherrscht der kleine Stromer diese Disziplin sehr gut, weil die rund 300 Kilogramm schwere Batterie im Fahrzeugboden einen tieferen Schwerpunkt und damit mehr Stabilität schafft. Deutlich zu erfahren im direkten Vergleich mit der Verbrennerversion, die Citroen zur selben Zeit einführt und für erste Testfahrten ebenfalls bereit gestellt hat. Hier macht sich das geringere Gewicht und der höhere Aufbau durch dezentes Wankneigung bemerkbar. Der 3-Zylinder-Benziner mit 101 PS (74 kW) und 6-Gang-Schaltgetriebe, dem im Herbst noch eine gleich starke Hybridvariante folgen soll, ist übrigens auch eine komplette Neuentwicklung, die mit 10,6 Sekunden für den Standardsprint und 183 km/h Höchstgeschwindigkeit noch einen Tick schneller unterwegs ist als die Elektroversion. Zugunsten der Reichweite wird der Stromer bereits bei 135 km abgeriegelt.
Denn – und auch das trägt zum Sparpreis des e-C3 bei – hat die einfachere und kostengünstigere Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP) nur eine begrenzte Speicherkapazität von 44 kW/h, was bei einem kombinierten WLTP-Verbrauch von 17,1 kW/h für rund 325 Kilometer reichen soll. Im städtischen Betrieb mit reichlich Rekuperation und Stop&Go-Abschnitten sollen auch bis zu 460 Kilometer möglich sein. Was zumindest im Flachland unter normalen Temperaturen realistisch erscheint. Nach unseren Testfahrten auf topfebenen Landstraßen rund um den Neusiedler See südlich von Wien zeigte der Bordcomputer sogar nur 14,2 kW/h an. Der automobile Alltag in bergigeren Regionen, auf Autobahnen oder im Winter wird sicher anders aussehen. Dann dürfte der kleine Stromer häufiger am Stecker hängen.
Zumal Citroën ausgerechnet bei der Ladeausrüstung gespart hat und serienmäßig nur einen einphasigen Onboard-Charger verbaut hat, der an der AC-Wallbox mit maximal 7,4 kW auflädt. Wer dreiphasig mit 11 kW laden will, muss immer 400 Euro drauf zahlen. Damit soll dann eine volle Ladung nur noch zweieinhalb Stunden dauern. Am Schnelllader soll der Akku mit maximal 100 kW Gleichstrom nach 26 Minuten wieder zu 80 Prozent gefüllt sein.
Trotz seines günstiges Preises wirkt der Wagen nicht billig. Im Gegenteil, aus den rundlichen Vorgängern mit Babyface-Optik ist ein erwachsenes Auto geworden. Bei annähernd gleicher Grundfläche und Radstand wirkt der 4,02 Meter kurze C3 nun sichtbar stämmiger und geradliniger. Möglich wird das durch sein deutliches Höhenwachstum auf 1,57 Meter und der kantig-kubischer Form, die ihn SUV-iger erscheinen lässt. Projekt-Design-Manager Boris Reinmöller spricht deshalb auch von den klassischen „SUV-Codes“: kurze und hohe Motorhaube, breite und steilere Frontscheibe, Unterfahrschutz, Dachreling sowie die um gut drei auf 16,3 Zentimeter erhöhte Bodenfreiheit (beim Verbrennermodell sogar 19,7 Zentimeter), die neben einer höheren Sitzposition, das Ein- und Aussteigen erleichtert und eine sicherere Fahrt über die Bodenwellen, Bordsteine und Schlaglöcher bietet. Dazu passen schicke 17-Zoll-Aluräder, die in der günstigeren Version allerdings nur als Stahlfelgen mit Radzierkappen ausgeführt sind.
Kaum weniger verblüffend wie die äußere Erscheinung sind Geräumigkeit und Gestaltung des Interieurs. Vorne meint man auf Grund der Bewegungsfreiheit in einem deutlich größeren Auto zu sitzen. Und auch hinten sind Knie- und Kopffreiheit überraschend gut, dass zur Not auch drei Personen nebeneinander sitzen könnten. Dahinter öffnen sich außerdem noch 310 Liter Kofferraum, der allerdings nur über ein hohe Kante zu beladen ist. Wird die Rücksitzlehne umgelegt, entsteht eine deutliche Stufe, das Volumen wächst aber immerhin auf 1188 Liter.
Die Cockpitlandschaft ist ebenso puristisch wie praktisch. Ins Auge fällt das ovale Lenkrad, das nach kurzer Gewöhnung gut in der Händen liegt. Überhaupt ist die Bedienung dank reichlich verbauter Knöpfe und Schalter intuitiv und simpel. Erst bei einem genaueren Blick, erkennt man hier und da Hartplastik, das jedoch dank geschickt eingesetzter Accessoires wie zweifarbige Sitzbezüge oder Klavierlack nie billig wirkt. Eine pfiffige Idee, und zugleich ein Sinnbild für den Spagat zwischen günstig und gefällig, ist das schmale Info-Display, das in einer Hutze des Armaturenträgers unterhalb der Frontscheibe angebracht ist. Citroën nennt es etwas euphemistisch Head-up-Display, auch wenn es eher einem schlichten Digital-Display ähnelt. Doch erfüllt es eben jenen Zweck, in dem es alle wesentlichen Daten genau in der Sichtachse des Fahrers darstellt, der damit den Blick nicht von der Fahrbahn abwenden muss.
Tut er es dennoch, sieht er zumindest in der höheren Version „Max“ über der Mittelkonsole zusätzlich einen 10,25 Zoll großen Touchscreen über der Mittelkonsole thronen, dessen Infotainmentsystem inklusive 3D-Navigation drahtlos mit Apple CarPlay und Android Auto kooperiert. Im Basismodell „You“ muss man sich hingegen mit einer Halterung fürs Smartphone begnügen.
Überhaupt zeigt ein Blick in die Preisliste, dass es erst in der 4500 Euro teureren Topversion neben den bereits erwähnten 17-Zoll-Alu-Rädern und Konfortsitzen, teilbare Rücksitzlehnen, eine Klimaautomatik und Standheizung, ein USB-C-Anschluss zur Datenübertragung, LED-Scheinwerfer und Bicolor-Dachlackierung gibt. Bei den Sicherheitssystemen beschränkt sich Citroën größtenteils auf die gesetzlich vorgeschriebenen Funktionen wie Front-, Kopf- und Seitenairbags, Aufmerksamkeit- und Notbremsassistent, Verkehrszeichenerkennung und Tempomat. Weitere Extras gibt es kaum, was die Komplexität der Produktion noch einmal begünstigt.
Und damit ist noch längst nicht Schluss. Denn eine Antwort auf das von VW für 2027 angekündigte Einstiegs-Elektroauto um die 20.000 Euro hat Citroën auch schon in petto. Ab 2025 soll eine weitere Version des e-C3 mit 200 Kilometer Reichweite zu einem Preis ab 19.990 Euro folgen.
(Quelle: Frank Wald, cen)