02. November 2021
Fahrbericht Audi RS 3: Alltagstaugliches Biest
Der Audi V8 (interne Bezeichnung: D1) war noch direkt vom Audi 100 abgeleitet, der A8 (D2) von 1994 war bereits ein eigenständiges Modell. Jetzt geht die aktuelle Generation D5 mit einem Facelift in die zweite Lebenshälfte. Dabei ist der chinesische Markt immer wichtiger geworden. Dort hat sich Audi früh positioniert, inzwischen entfallen mehr als 60 Prozent der A8-Verkäufe auf China. Da nimmt es nicht Wunder, dass die neue Topversion namens A8 L Horch, die der Mercedes-Maybach S-Klasse nacheifert, nur dort angeboten werden soll.
Dabei ist Horch keine neue Idee. Es gab immer wieder eigenständige Design-Vorschläge, und bereits bei der Entwicklung des ersten Audi A8 (D2) stand zur Debatte, die Spitzenversion mit W12-Motor Horch zu nennen. Jetzt ist es soweit: Der teuerste und beste A8 wird ein Horch. Die bereits fertig entwickelte W12-Biturbo-Variante ist allerdings der politischen Korrektheit zum Opfer gefallen.
Optisch zeichnet sich der Top-A8 durch betont vertikale Chromleisten im Grill aus, seine Karosserie ist um 13 Zentimeter verlängert, das Panoramadach ist größer, es gibt eigenständige Felgen und mehr Chrom, zum Beispiel auf den Außenspiegeln. Die eigenständige Horch-Plakette, eine optionale Zweifarben-Lackierung und ein Innenraum mit Rautensteppung und Hochflor-Teppichen unterstreichen das edle Ambiente. Der Sitz hinten rechts, sagt Audi, soll von keinem Wettbewerber übertroffen werden.
Doch auch die profaneren A8-Varianten wurden überarbeitet, an der Front sogar in besonders markanter Weise. Hier wird das übliche Wabenmuster verlassen, die chromglänzende Optik beruft sich auf eine ferne Historie. Ein technischer Höhepunkt sind die LED-Matrix-Scheinwerfer, die mit jeweils 1,3 Millionen Mikrospiegeln arbeiten. Auf die Straße können Pfeile zur Orientierung projiziert werden. Auch die Lichtgraphik am Heck wurde erneuert. Wer sich dem neuen A8 auf weniger als zwei Meter nähert, wird mit sämtlichen OLED-Segmenten begrüßt.
Bei der Sitzprobe gibt es nicht viel Neues zu entdecken – und das ist auch gut so. Denn Materialien und Verarbeitung liegen unverändert auf höchstem Niveau.
Unter der ausladenden Fronthaube finden sich im A8 55 TFSI ein 3,0-Liter-V6 mit 340 PS ((250 kW) sowie im 60 TFSI ein 4,0-Liter-V8 mit 460 PS (338 kW). Gekrönt wird das Modellprogramm motorisch von einer Variante des 4,0-Liter-V8 mit 571 PS (420 kW), der allerdings nur im sportlich geschminkten S8 zu bekommen ist. Ein sparsamer und sauberer 3,0-Liter-V6-TDI soll folgen, genauso wie ein Plug-in-Hybrid, der vor allem im Kurzstreckenverkehr Verbrauchsvorteile bietet.
Kenner der Marke beklagen auch beim Facelift-Modell das eingeschränkte Motorenprogramm. Der eingangs erwähnte W12 wird auch für den Horch nicht mehr wiederbelebt, genausowenig wie der fabelhafte V8 TDI, der nach nur wenigen Monaten Bauzeit im Sommer 2020 hastig aus dem Programm entfernt wurde. Einen S8 Plus mit angehobener Vmax wird es ebenfalls nicht mehr geben. Aber Audi will ja auch elektrisch werden: Ab 2025 will man nur noch E-Mobile präsentieren – wie beispielsweise ein Modell, das von der Studie Grandsphere abgeleitet ist. Den A8 dann direkt zu ersetzen, das wagt man in Ingolstadt aber doch nicht: Audi will sich nicht festlegen, wie lange der Modellzyklus des A8 noch laufen wird. Man bleibt „flexibel aufgestellt“: Die Modelle werden wohl noch längere Zeit parallel laufen.
Die bei der Vorstellung des A8 D5 noch als Meilenstein gefeierten Autonomiefunktionen spielen in der Kommunikation keine entscheidende Rolle, und vom Level 4 – wie beim Grandsphere – ist man ohnehin noch weit entfernt. Ein Grund dafür sei die fehlende Infrastruktur.
Mit seinem klaren Design, seiner Allradtechnik und der Aluminiumstruktur war der erste Audi A8 richtungsweisend und zu seiner Zeit das Maß der Dinge in der Oberklasse. Jetzt biegt das Ingolstädter Flaggschiff zu Preisen ab 99.500 Euro endgültig auf die Zielgerade ein.
(Quelle: Auto-Medienportal ampnet)