21. November 2021
Praxistest Skoda Enyaq iV 80: Quell der Entspannung
Wenn Modellnamen für eine ganz bestimmte Eigenschaft stehen sollen, dann haben die Marketing-Experten von Skoda dem Enyaq iV eine hohe Hypothek mit auf den Weg gegeben. „Enya“ steht im Gälischen für „Quell des Lebens“ – und das in einer dem Automobil nicht gerade freundlich gesinnten Gegenwart.
Mit dem Mittelklasse-SUV setzt die „Simply-Clever-Marke“ zugleich ihren Aufbruch in die elektrische Zukunft fort und griff dafür in den Modularen Elektrobaukasten (MEB), den Volkswagen für seine Marken seit 2015 entwickelt hat. Das neue Elektroflaggschiff aus Tschechien kommt mit drei Batteriegrößen (55 kWh, 62 kWh und 82 kWh) und wahlweise mit Heck- oder Allradantrieb zu den Kunden. Mit der größten Batterie verspricht Skoda eine Reichweite von mehr als 520 Kilometern. Die kleineren Energiespeicher erreichen zwischen 350 und 400 Kilometer.
Die Version mit dem großen Akku ist ein gutes Argument gegen die noch immer grassierende Reichweitenangst. Allerdings verlangt die Technik eine eher gelassene Fahrweise, damit es mit der Reichweite klappt. Zwar verführt das vom Start an bereit stehende Drehmoment von 310 Newtonmetern dazu, die 150 kW zur Geltung zu bringen – von 0 bis 100 km/h vergehen 8,5 Sekunden –, doch die meiste Zeit rollt der Enyaq eher gelassen über den Asphalt.
Das immerhin 2,2 Tonnen wiegende SUV stellt den Fahrer dabei nicht vor Probleme, und bald entdeckt der Mensch hinter dem Lenkrad Fahrspaß. Die Lenkung arbeitet präzise, und das Fahrwerk bügelt die schlimmsten Unebenheiten glatt. Bei dem vergleichsweise überschaubaren 160 km/h ist der Vortrieb elektronisch abgeregelt, und ein Kurvenräuber will der Enyaq ohnehin nicht sein. Für den schnellen Spurt zwischendurch reicht die Einstellung „Sport“ aber immer und der Zweitonner spurtet kraftvoll nach vorne.
Seine Qualitäten sind vielmehr, unterstützt vom harmonisch abgestimmten Fahrwerk, die entspannende Fahrt in einer angenehm gestalteten Umgebung. Die sorgfältig verarbeitete Karosserie erspart den Insassen lästige Geräuschquellen, und die Materialien machen einen wertigen Eindruck. Kurz, der Mensch fühlt sich wohl und erfreut sich an der weitgehend ruhigen Art der Fortbewegung. Dass viele der Materialien hier einen zweiten Einsatz erleben, passt zum nachhaltigen Konzept. Allein 13,1 Kilogramm der Kunststoffe sind wiederaufbereitet, so dass zum Beispiel die Sitze aus 40 Prozent natürlicher Schurwolle und zu 60 Prozent aus ehemaligen Pet-Flaschen bestehen. Den Sitzkomfort beeinflusst das nicht. Im Gegenteil die Sitze bieten einen guten Seitenhalt. Dank des ausgewogenen Fahrwerks gestaltet sich die Fahrt im Enyaq komfortabel, und so entsteht eine Art Quell der Entspannung für alle Insassen. Auch auf den Plätzen in der zweiten Reihe haben die Passagiere ausreichend Platz.
Der Mensch hinter dem Lenkrad blickt auf eine minimalistische Instrumentensammlung, die sich auf die wichtigsten Informationen beschränkt (hier wäre mehr tatsächlich auch besser). Der zentral platzierte Monitor ergänzt das Infoprogramm. Die Dinge des täglichen Fahrens wie Klimatisierung werden über einen eigenen Bereich im unteren Teil des Bildschirms gesteuert, was den Ablenkungsfaktor deutlich reduziert. Daneben führen konventionelle Tasten in die häufig genutzten Menüpunkte. Nach einer gewissen Einübungszeit klappt es auch mit der Bedienung.
Der Enyaq iV ist zudem ständig mit dem Netz verbunden. Die Navigationskarten werden „Over the Air“ aktualisiert, und auch das Aufladen der Batterie oder die Klimatisierung zum Beispiel können aus der Ferne gesteuert werden.
Während der Fahrt stehen die Einstellungen Eco, Comfort, Normal und Sport zur Wahl, wobei die Kombination Eco mit den verschiedenen Möglichkeiten, die Verzögerungsenergie in die Batterie zu speichern, die Reichweite deutlich vergrößert. Über die Schaltwippen lassen sich in drei Stufen der Rekuperation einstellen, und wenn der Wahlhebel auf die Stellung „B“ gestellt wird – zum Beispiel bei stockendem Verkehr – verlängert sich die Reichweite spürbar. Bei entsprechender Fahrt kommt der Enyaq iV so der versprochenen Reichweite sehr nahe. Wie bei allen Automobilen ist es allerdings in der Hand des Menschen hinter dem Lenkrad, wie weit der Energievorrat reicht.
Trotz seiner Abmessungen ist der Skoda überraschend wendig. Mit einem Wendekreis von gerade 9,3 Metern (bei der Heckantriebsversion) unterbietet er den Kodiaq um satte 2,3 Meter. Das macht sich vor allem im Stadtverkehr angenehm bemerkbar. Ein ganzes im Travel Assist zusammengefasstes Bündel von Assistenzsystemen unterstützt den Menschen hinter dem Lenkrad und hält den Enyaq iV in der Spur, regelt den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug, fährt im Stau automatisch wieder an und hilft in engen Kurven mit einer Lenkunterstützung. Klingt nach Bevormundung, trägt aber zum entspannten Fahren bei.
Irgendwann muss auch der Enyaq iV an die Ladesäule. Dafür hat Skoda sein „Skoda iV Ökosystem“ entwickelt. Um europaweit Strom „tanken“ zu können, bietet das Unternehmen den Powerpass an, der nach der Aktivierung des „Enyaq-Boosters“ ein Jahr zu einem ermäßigten Preis an 195.000 Stationen genutzt werden kann. Für das Laden zu Hause steht eine Wallbox im Angebotsprogramm. Für die schnelle Ladung steht ein CCS-Anschluss bereit, mit dem die Batterie in 35 Minuten von zehn bis 80 Prozent geladen werden kann.
Daten Skoda Enyaq iV 80
Länge x Breite x Höhe (m): 4,60 x 1,87 x 1,61
Radstand (m): 2,76
Antrieb: permanent erregte Synchronmaschine
Leistung: 150 kW/204 PS
Max. Drehmoment: 310 Nm
Batterie: Hochvolt-Lithiumionenbatterie, 80 kWh
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,5 Sek.
WLTP-Reichweite: 536 km
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 15,6–15,8 kWh
Effizienzklasse: A+
CO2-Emissionen: 0
Leergewicht / Zuladung: min. 2090 kg / max. 597 kg
Kofferraumvolumen: 585–1710 Liter
Basispreis: 43.950 Euro
(Quelle: Auto-Medienportal ampnet)