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14. September 2021

Praxistest Ford Fiesta ST Edition: Von Niesanfällen und Platzpatronen

Er ist klein, er ist blau und er ist ziemlich klug. Dass er als Vorfahr einer kommenden Generation von Kleinwagen zeigt, wie man griffigen Schrittes gewundene Pfade entlang huscht, ist kein Zufall. Denn der Fiesta ST zieht als Altmeister seiner Klasse Kreise um seine Schüler. Mit einer Abstimmung, die in der Klasse ihresgleichen sucht, bietet Ford Adrenalinjunkies einmal mehr ein Auto, das ursprünglich für den Wocheneinkauf konzipiert wurde.

200 PS aus einem Dreizylinder-Turbobenziner mit weniger als 1,5 Litern Hubraum schnaufen aus dem Grill des handlichen Kleinwagens. 290 Newtonmeter Drehmoment sorgen beim Wastegate für stetige Niesanfälle, die eine zweiflutige Abgasanlage anschließend mit drei Schuss Ehrensalut verabschiedet. Wer diese irrwitzige Partie miterlebt hat, ruft: „Nochmal!" und lässt den linken Zeiger mit Wucht erneut auf dem Drehzahlmesser schnellen. In 6,5 Sekunden sind Tempo 100 km/h erreicht, über 240 km/h maximal konnten wir von den Instrumenten ablesen (Werksangabe: 232 km/h).

Wilde Abstimmung für einen Kleinwagen

Die Drehfreudigkeit des kleinen Maschinchens sorgt für raschen Ladedruckaufbau mit Spaßgarantie. An der Vorderachse kümmert sich ein mechanisches Differenzial um die Traktion. Das macht sich stellenweise auch in der Lenkung bemerkbar, die jedoch nicht mehr als eine leichte Korrektur einfordert. Zusammen mit der starren Multilink-Hinterachse ergibt sich ein feuriger Zauber, der den Fiesta zum Kurvenstar macht. Wer im Scheitelpunkt Gas weg nimmt, erlebt, wie der Kleine das Hinterbein in die Lüfte streckt.

Die neue Beweglichkeit adelt den Fiesta zum Vater seiner Zunft. Kein frontangetriebener Kleinwagen ist je mit einer solchen Abstimmung ausgeliefert worden. Im Fall der Edition gilt Analoges für das Fahrwerk: Ford bietet im Paket unter anderem ein in Zug- und Druckstufe verstellbares Gewindefahrwerk, das es in sich hat. Mit mehr Restkomfort aber weniger Rollneigung ist hier optimales Material für den Fiesta ST angeliefert worden. Über Bodenwellen bügeln die Dämpfer bestimmt herüber, im Lenkrad fühlt der Fahrer eine merklich höhere Auflösung. Gleichzeitig steigt auch die Stabilität. Im Nassen allerdings ist die aggressive Hinterachsabstimmung nicht zu unterschätzen.

Weiter als bis zum ST-Modus klicken sich nur noch die Hartgesottenen durch die Fahrprogramme. Das ist ohnehin nur selten notwendig, denn auf „ST“ folgt der Rennstrecken-Modus, in dem auch das ESP vollständig deaktiviert werden kann. Glücklicherweise sind die Kölner nicht dafür bekannt, ihre Kunden stark zu bevormunden. So ist auch die ESP-Abstimmung im ST-Modus so gewählt, dass Eingriffe nur bei starkem Gripverlust oder extremen Gierraten stattfinden. Hinzu kommt eine Launch-Control-Funktion, die mit 3000 Umdrehungen pro Minute (U/min) Startdrehzahl verschleißarm und effektiv gewählt wurde. Die Abgasanlage feuert bei jedem der knackigen Gangwechsel schon ab mittlerer Drehzahl eine halbe Trommel Platzpatronen ab.

Rundum sorglos im Fiesta ST Edition

Das All-You-Can-Eat-Buffet, das der ST Edition zu servieren weiß, ist einzigartig. Hier kennt man die Zielgruppe und weiß, dass gerade das Spektakel im Rallye-Stil ein kleines, schnelles Auto zum Spaßobjekt werden lässt. Emotional spielt der Fiesta jedenfalls voll zum Tanz auf. Doch wenn man ihn vom normalen Modus zähmen lässt, funktioniert der Kleine aus Köln und lässt sich durch die Innenstadt gondeln. Drehfreudig bleibt der Dreizylinder aber auch dann. So kommt es, dass unser Durchschnittsverbrauch bei etwa 8,5 Litern lag. Waren sportliche Qualitäten auf Autobahn oder Landstraße gefragt, konnten bis zu zwölf Liter im Mittel abgelesen werden.

Der Innenraum bietet ein gelungenes Gesamtkonzept ohne Schnörkel oder Reminiszenzen. Die Edition verhilft dem Sport-Ford zu mehr Identität und nimmt nun auch die Außenfarbe mit auf. Die Pedalerie, die untere Doppelspeiche des Lenkrads sowie der Schaltknauf blitzen dem Fahrer beim Einstieg wie eine Aufforderung entgegen. Die Recaro-Sitze sind straff gepolstert, bieten sehr guten Seitenhalt und können durch eine angenehme Lendenwirbelstütze auch auf längeren Strecken genug Komfort bieten. Einzig die nicht beendeten Längsnähte auf der Sitzfläche geben dem Betrachter ein Rätsel auf. Dabei setzen die blau verzierten Gurte, die blauen Ziernähte und Verkleidungsteile im Carbon-Look den Kleinen gekonnt in Szene, bis kratzempfindliche Kunststoff-Türverkleidungen den Fahrer in die Welt der Kleinwagen zurückholen.

Die kleinen Schwächen des Modells bleiben

Ein Fiesta bleibt bei allem Sport immer noch ein Fiesta. Ab 220 km/h pfeift der Wind sein Lied in die Ohren, die Türverkleidungen müssen nach kurzer Nutzungsdauer schon mit dem Folienradierer geglättet werden und im Bordcomputer drückt der Fahrer pro Tag etwa sechs bis zehn teils überflüssige Meldungen mit dem OK-Button auf dem Lenkrad weg. Dafür verfügt der Fiesta über einen automatisch ausfahrenden Türkantenschutz, der wohl eines der zeitlosesten und cleversten Gimmicks des modernen Automobilbaus sein dürfte.

Der nächste Blick gilt dem Ford Sync, das sämtliche Klänge durch ein Soundsystem von Bang & Olufsen zu Fahrer und Passagieren schickt. In so umfangreicher Ausstattung gebettet, kommt man sich dann doch etwas vor wie die Upper-Class der Sportwagenfreunde. So vieles gab es so schön jedenfalls noch nie im Fiesta zu kaufen. Damit markiert der ST einen Meilenstein für Ford. Der Nerv junger Sportfahrer ist mit der digitaliserten Knallbude jedenfalls mehr als getroffen. Doch für 6000 Euro Aufpreis hätte auch eine nummerierte Plakette in der Mittekonsole nicht fehlen dürfen.

Ford hat den Fiesta ST an den richtigen Stellen nachgeschärft und bringt die Edition oben aufs Treppchen der Modellgeschichte. 32.000 Euro kostet die Edition. Ein gut ausgestatteter ST mit Performance-Paket liegt mit gut 25.000 Euro deutlich darunter und kann nicht viel weniger. Der saftige Aufpreis gibt dem Kunden jedoch ein seltenes Stück mit hoher Fahrdynamik in die Hand, von dem in Deutschland nur 200 Stück ausgeliefert werden. 

Daten Ford Fiesta ST Edition

Länge x Breite x Höhe (m): 4,04 x 1,74 x 1,47
Radstand (m): 2,49
Motor: R3-Turbobenziner, 1497 ccm
Leistung: 200 PS (147 kW) bei 6000 U/min
Max. Drehmoment: 290 Nm bei 1600–4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 232 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,5 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 6,0 Liter
Testverbrauch: 8,5 Liter
CO2-Emissionen: 136 g/km
Leergewicht / Zuladung: 1262 kg / 373 kg
Kofferraumvolumen: 269 Liter
Preis: 32.000 Euro

(Quelle: Auto-Medienportal ampnet)

 

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