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31. Januar 2022

Fahrbericht: Unterwegs im letzten US-Passat

Eine Abschiedsfahrt sollte es eigentlich nicht werden. Doch als ich letzte Woche im VW Passat SE mit gut 130 km/h über den Interstate 80 durch Pennsylvania rauschte, eröffnete mir mein Gesprächspartner von VW, dass gerade der Produktionsstopp dieser Baureihe verkündet worden sei: Den US-Passat gibt es nicht mehr. Eine Ära geht zu Ende – war doch der Passat vor fast 50 Jahren der erste frontgetriebene VW, der (unter dem Namen Dasher) auch in den USA Furore machte und die Heckmotor-Ära unwiderruflich beendete.

Das plötzliche Produktionsende kommt ein wenig überraschend, war der US-Passat doch erst vor zwei Jahren umfassend überarbeitet worden. Er sieht seitdem deutlich moderner und auch eleganter aus, die Serienausstattung umfasst bereits alle wichtigen Assistenzsysteme – und vor allem den turboaufgeladenen EA888-Motor, der aus knapp 2 Litern Hubraum ordentliche 176 PS schöpft.

Diese Leistung wird über einen klassischen Wandlerautomaten mit sechs Stufen auf die Vorderachse geleitet. Der US-Passat steht noch immer auf der weiterentwickelten PQ46-Plattform, die im März 2005 mit der Modellgeneration B6 eingeführt wurde. In Europa hingegen wanderte der Passat schon 2014 auf die neue MQB-Plattform mit kleineren Motoren und Automatikgetrieben, die nach dem Doppelkupplungs-Prinzip funktionieren. Das dient der Erfüllung von Verbrauchsnormen, die EU-Bürokraten ersonnen haben.

Gut für US-Kunden, dass die Verbrauchsnormen dort weniger weltfremd sind und den Herstellern mehr Freiheit für unterschiedliche Lösungen lassen. Der gusseiserne Zweiliter überrascht nämlich im Realbetrieb mit sehr niedrigen Verbrauchswerten. Auf die gesamte Testdistanz von über 2000 Kilometern pendelte sich der Konsum bei rund 6,5 Litern pro 100 Kilometer ein. Besser könnte es sicher noch ein Diesel, ein hochgezüchteter Downsizing-Benziner aber eher nicht. Tatsächlich verspricht der Passat nach dem Volltanken fast immer mehr als 900 Kilometer Reichweite. Und die schafft er locker.

Mit seinen 176 PS ist der US-Passat gut motorisiert, die Überholreserven sind mehr als ausreichend, die Automatik – für die VW weiterhin die geradezu historisch anmutende Bezeichnung „Tiptronic“ bemüht – schaltet flott. Das Fahrwerk kommt mit der Leistung bestens klar, im Grenzbereich untersteuert der Viertürer sanft. Auch die Lenkung gefällt, sie bietet gute Rückmeldung ohne jede Nervosität. Fahrdynamische Wunder werden hier nicht geboten, doch der relativ leichte Passat wirkt im Vergleich zur asiatischen und US-amerikanischen Konkurrenz erfreulich präzise.

Vor allem ist der Passat komfortabel. Die Geräuschkulisse ist angenehm zurückhaltend, sie ist das Ergebnis guter Dämmung und aerodynamischer Feinarbeit. Vor dem Fahrer spannt sich ein breites, horizontal betontes Cockpit auf, das auch Europäern vertraut vorkommt. Das Multifunktions-Lenkrad verfügt über echte Tasten, die zappeligen Oberflächen der europäischen Premium-Varianten bleiben den Amerikanern erspart. Und die Analoginstrumente wirken allemal so hochwertig wie die digitalen Bildschirme in Europa. Das Infotainment-System funktioniert unproblematisch, was sich vom aktuellen System im Europa-Passat nicht behaupten lässt.

Die Interieur-Anmutung des US-Passat ist dennoch schwächer als bei der Europa-Variante und damit weit entfernt vom Anspruch, den einst Ferdinand Piëch für die Marke formuliert und mit dem Passat B5 auch umgesetzt hatte. Die unverkleideten Kofferraumbügel wären bei VW früher nie durchgegangen und in der SE-Variante präsentiert sich dieses Auto allzu sachlich und schmucklos. Es gibt allerdings auch noch eine „Limited“-Version, die mit vielen hochwertigen Elemente aufwartet.

Doch dafür ist der US-Passat günstig: Nur 27.295 Dollar, umgerechnet weniger als 25.000 Euro, müssen für dieses recht nüchterne, doch in der Erfüllung seiner Mission nahezu perfekte Auto den Besitzer wechseln. Ein Auto, das viel Raum, Komfort und Sicherheit bietet – und den Fahrer auch auf Langstrecken maximal entlastet.

All das muss sein Nachfolger im US-Werk Chattanooga erst einmal leisten. Denn der Grund für den plötzlichen Baustopp des Passat ist der Umbau des Werks für den elektrischen SUV ID.4. Der fast zwei Tonnen schwere SUV kostet über 40.000 Dollar, er kommt viel weniger weit, und umweltfreundlicher ist er mit seinen gewaltigen Akkus und seinem Appetit auf Strom wohl auch nicht.

Und so war ich ein bisschen traurig, als ich ausgerechnet am Steuer des amerikanischen Passat von seinem Ende erfuhr. Und ich kann mir vorstellen, dass die Kunden dieses gute, bewährte Auto bald sehr vermissen werden. 

(Quelle: Auto-Medienportal ampnet)

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