19. Februar 2021
Fahrbericht Mitsubishi L200 Off Road: Auf ins Abenteuer
Wie macht man einen Standard-Pick-up zum Hardcore-Geländewagen? Mitsubishi hat die Antwort. Seit Kurzem bietet der japanische Hersteller für den L200 ein umfangreiches „Off Road“-Paket an, denn Pick-ups sind auch in Deutschland durchaus angesagt. Mitsubishi setzte von seinem Pritschenwagen hierzulande im Vor-Corona-Jahr 2019 immerhin rund 1350 Exemplare ab.
Das Besondere an der neuen Off-Road-Variante ist die Tatsache, dass er nicht als komplett aufgerüstetes Sondermodell daherkommt, sondern jeder Interessent die für ihn passende Zusatzausstattung individuell zusammenstellen kann. Die Seilwinde mit 4,1 Tonnen Zugkraft wird nicht gebraucht? Kein Problem. Ladeflächen-Abdeckung oder Schnorchel für den Luftfilter unerwünscht? Die Teile bleiben dann auf Wunsch im Regal.
Dass die 5,30-Meter-Fuhre noch wuchtiger erscheint als das Standardmodell liegt an Kotflügelverbreiterungen um je 30 Millimeter und dem speziellen Offroad-Fahrwerk. Es bewirkt nicht nur eine Höherlegung des Aufbaus, sondern auch eine Vergrößerung der möglichen Achslast. Vorn sind es plus 50 Kilogramm, hinten 250 kg. Das ist auch gut so, denn in vollem Ornat, sprich mit der Gesamtheit der möglichen Optionen, wiegt der L200 rund 260 Kilogramm mehr als das Fahrzeug aus dem Händler-Schaufenster.
Das Gesamtpaket der Offroad-Ausrüstung summiert sich auf 17.448 Euro. Aber wie gesagt, es muss ja nicht alles sein. Die Montage lässt der Kunde in der Fachwerkstatt seines Vertrauens vornehmen, und da gibt es bei den Stundensätzen bekanntlich regionale Unterschied. Einigermaßen zuverlässig lässt sich wohl nur sagen, dass ein komplett hochgerüstete Mitsubishi L200 im vollen Offroad-Outfit nicht unter 65.000 Euro zu haben war. Eine enorme Summe, die echte Liebhaber aber gerne Aufbringen, auch wenn das Gefährt ihrer Begierde weder in die Normgarage passt, noch für einen Familienurlaub an der Adria geeignet scheint.
Als potenzielle Kunden für das vielfältige Zubehör sieht Mitsubishi nach eigener Einschätzung „Handwerker, Hundebesitzer, Jäger und Forstwirte sowie Camping- und Abenteuer-Begeisterte“. Wer einfach nur zum Spaß durch Sand, Matsch oder Geröll düsen will, ist ebenso willkommen. Dass der Off-Road-L200 ebenso ein Show-Car ist, offenbart der bequemlichkeitsfördernde, aber für Hardcore-Geländeeinsätze manchmal auch hinderliche lange Radstand von drei Metern.
Statt der zum Paket gehörenden Sonderbereifung im Format 265/18 wären grobstollige Geländereifen empfehlenswert, deren Profil sich im Matsch nicht so leicht zusetzt. Die Laderaumabdeckung mit dem schweren Überrollbügel ist zwar sehr kleidsam, mindert wegen des eingeschränkten Öffnungswinkels aber die Nutzung der Pritsche. Dort ist im Normalfall das Ersatzrad vertäut, das wegen seines Gewichts von rund 35 Kilo, Traktionsvorteile bei der Fahrt mit Heckantrieb bringt.
Am Bug verlängert die Winde den vorderen Überhang und vermindert dadurch den Böschungswinkel von 30 Grad. Der Zughaken hängt nur 140 Millimeter über dem Grund, obwohl die Bodenfreiheit sonst 205 Millimeter beträgt. Der Schnorchel an der A-Säule verhindert zuverlässig, dass bei Wasserdurchfahrten die Bugwelle in den Ansaugtrakt schwappt, beim Überschreiten der zugelassenen Wattiefe ist jedoch mit nassen Füßen rechnen. Gummistiefel können dies verhindern und, wenn der Schaft lang genug ist, auch das Verschmutzen der Hosenbeine beim Ein- und Aussteigen. Zwischen den Radkästen sind anstelle von Trittbrettern schwarz pulverbeschichtete Rohre als Protektoren angebracht, die den aufgenommenen Schmutz gern mal an Kleidungsstücke weitergeben, wenn man sich von der 83 Zentimeter über dem Untergrund liegenden Sitzfläche nach draußen gleiten lässt.
Wer an einem wirklich robusten Pick-up mit soliden Geländefähigkeiten interessiert ist, werden solche Petitessen nicht schrecken. Auch nicht die Tatsache, dass wegen es Zusatzgewichts der Anbauteile der Verbrauch nach oben und die Höchstgeschwindigkeit nach unten gehen. Mit einem Kleinlaster werden schließlich keine Rennen gefahren. Außerdem sind die Abweichungen zu verschmerzen. Sie betrugen beim Testwagen 163 km/h (gegenüber 171 km/h laut offiziellem Datenblatt) und 9,2 Liter Diesel auf 100 Kilometer (Normwert: 7,9 Liter).
Der 2,2 Liter große Vierzylinder gibt mit seinen 400 Newtonmetern Drehmoment ordentlich Schub und läuft im Tempobereich um 100 km/h erstaunlich ruhig. In der geräumigen Kabine wurden bei Autobahntempo nur 63 dB(A) gemessen. Da grummelt der Selbstzünder mit kaum mehr als 1500 Touren gemütlich vor sich hin: Die neuen Sitze sind zwar bequem, könnten aber mehr Seitenhalt bieten. Dafür herrscht vorn und hinten ordentliche Bewegungsfreiheit, zwischen den Türverkleidungen ist für die Frontpassagiere 1,45 Meter Platz, hinten sind es drei Zentimeter weniger.
Der Federungs- und Dämpfungskomfort war schon vor dem Fahrwerksumbau nicht schlecht, für eine Leiterrahmenkonstruktion mit Blattfedern sogar recht gut. Das mit rund 1950 Euro (plus Einbau) zu veranschlagende Offroad-Fahrwerk bringt auf der Straße sogar noch einen Komfortgewinn. Das passt gut zum bequem möblierten Innenraum. Lediglich die Hochglanz-Oberflächen an etlichen Verkleidungsteilen sind des Guten etwas zu viel, denn sie sind kratzempfindlich und das passt nicht zu einem Geländegänger mit Nehmerqualitäten. Mit dem Drehknopf neben dem Handbremshebel kann von Hinterachsantrieb auf All-Wheel-Drive und in die Gelände-Untersetzung umgeschaltet werden. Nach Herstellerangaben beträgt der Verbrauchszuschlag bei 4WD-Betrieb lediglich 0,3 bis 0,5 Liter.
Fazit: Was im Sterne-Restaurant gilt, ist im Automobilbau nicht anders: Ein Feinschmecker-Menü hat seinen Preis und mit seinen Offroad-Umbauten ist der Mitsubishi L200 gewiss eine Leckerei für Allrad-Gourmets. Rustikal und höchst individuell aufgehübscht wird er vor allem jenen Freude bereiten, die außer einem vielseitigen Lastesel auch ein beinhartes Fuhrwerk für unterhaltsame Ausritte in die Pampa suchen.
Daten Mitsubishi L200 Doppelkabine Top (Off Road)
Länge x Breite x Höhe (m): 5,3 x 1,81 x 1,78
Radstand (m): 3,00
Motor: R4-Diesel, 2268 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 110 kW / 150 PS bei 3500 U/min
Max. Drehmoment: 400 Nm bei 1750–2250 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 174 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 13,5 Sek..
Durchschnittsverbrauch lt. Hersteller: 7,9 Liter
Testverbrauch: 9,2 Liter
CO2-Emissionen: 206 g/km
Leergewicht (lt. Zulassung): 2110 kg
Leergewicht Testwagen: 2370 kg
Max. Anhängelast: 3000 kg
Wendekreis: 11,8 m
Basispreis: 45.690 Euro
(Testwagenpreis: ca. 65.000 Euro)
(Quelle: Auto-Medienportal ampnet)