08. September 2024
Der BMW M5 Touring und seine Historie
Raue Klippen, malerische Buchten und dichte Zypressenwälder. Die Pazifikküste an der kalifornischen Monterey-Halbinsel, entlang des berühmten 17-Mile-Drive, ist sicherlich eines der paradiesischsten Orte auf diesem Planeten. Einmal im Jahr ist allerdings die Hölle los: Während der "Car Week", dem wohl wichtigsten Klassiker-Termin des Jahres. Für BMW war dies jüngst die perfekte Location, um zwei atemberaubende Modelle vorzustellen: Als US-Debut die siebte Generation der M5-Limousine (interner Baureihencode G90) - und als Weltpremiere das Raumwunder M5-Touring (G99).
Bevor die Neuheiten auf die Bühne fahren dürfen, präsentiert Rennfahrer und Motorsport-Kommentar Justin Bell, Sohn des illustren Formel-1-Piloten Derek Bell, süffisant und mit seiner humorvollen Art die vorherigen Generationen des M5 der letzten Jahrzehnte. Live gespieltes Schlagzeug und Gitarre begleiten die Auffahrt der legendären Laufsteg-Schönheiten E28 von 1985, E34 von 1988, E39 von 1998, E60 von 2005 und F10 von 2011.
Wie unterschiedlich diese für die jeweilige Zeit kraftstrotzenden Exemplare sind, konnten wir selbst erfahren. Die traumhaften, wie kurvenreichen Routen zwischen dem Prominentenörtchen Carmel und der anspruchsvollen Rennstrecke Laguna Seca sind wie geschaffen, um den Power-Youngtimern mal ordentlich auf den Zahn zu fühlen. Der museumswürdige Erhaltungszustand der gesamten Flotte war äußerst beeindruckend, aber das ist ja eigentlich auch kein großes Wunder, so werden sie doch bei BMW-Classic in der Münchener Moosacher Straße gehegt und gepflegt.
Der erste M5, vorgestellt 1985, basierte auf der zweiten 5er Generation, dem E28, der sich eigentlich noch sehr nahe an den ersten 5er anlehnte. Unter der Haube: Der fast unveränderte, hier 286 PS (210 kW) starke Reihen-Sechszylinder aus dem legendären Mittelmotor-Sportwagen M1. 1988 folgte der nächste M5 auf Basis der Baureihe E34, gezeichnet von Ercole Spaca. Leistung: 315 PS (232 kW), später 340 PS (250 kW). Mit dem dritten M5, präsentiert 1998 auf Basis des E39, wechselte das Modell zum Achtzylinder, 400 PS (294 kW) stark. Beim M5 von 2005, aufbauend auf dem E60, legten die Garchinger noch eine Schaufel drauf: Zehn Zylinder, 507 PS (373 kW) und erstmals mit automatisiertem Getriebe.
2011 begann die Turbo-Ära auf Basis der F10-Modellgeneration: Wieder acht Zylinder, jetzt aber turbogeladen, 560 PS (412 kW) bis 600 PS (441 kW); noch gibt es in den USA ein Schaltgetriebe, das Auto hat Heckantrieb. 2017 der nächste Schritt auf F90-Basis: 600 PS (441 kW) bis 635 PS (467 kW), nur noch Wandlerautomatik und obligatorischer Allradantrieb.
Als Touring gab es übrigens nur den E34, E60 und F90. Bei den anderen Baureihen - mit Ausnahme des E28 - wurde die Kombivariante zwar immer wieder geprüft, letztlich jedoch verworfen.
Soweit die Historie. BMW-M-Chef Franciscus „Frank“ van Meel übernahm in Pebble Beach die Präsentation der High-Performance-Neulinge auf Basis der Baureihe G90, die den nächsten Schritt markieren: Der stets allradgetriebene M5 mutiert zum Plug-in-Hybrid auf V8-Basis.
Bei der Erwähnung der technischen Daten der leistungsstärksten M5-Modelle aller Zeiten gibt es Applaus des fachkundigen Publikums: Die Systemleistung von 727 PS (535 kW) und 1000 Newtonmeter maximalem Drehmoment setzt sich aus einem hochdrehenden 4,4 Liter-V8-Verbrenner-Triebwerk mit Doppelturbo (585 PS/430 kW) und einem E-Motor (145 kW/197 PS) zusammen. Stärker als jeder andere M5.
Da rücken auch die vorab kritisierten 2,5 Tonnen Leergewicht erst einmal in den Hintergrund. Wie dynamisch die beiden Viertürer wirklich sind, werden wir in den nächsten Monaten erfahren. Der Start der Touring-Fertigung im BMW-Werk Dingolfing beginnt im Herbst, im November diesen Jahres erfolgt dann die Markteinführung.
Die Leistung reicht bei der Limousine mit der serienmäßigen Achtgang-Automatik und dem Allradantrieb für einen Ampelstart auf 100 Stundenkilometer in 3,5 Sekunden und einer elektronisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Für zusätzliche 2450 Euro springt die Tachonadel auf 305 km/h. Im M Driver's Package befindet sich aber nicht nur die Vmax-Anhebung, auch ein eintägiges Fahrtraining bei der BMW Driving Experience ist Bestandteil des Pakets. Beim Touring sind die Daten identisch, er braucht lediglich ein Zehntelchen länger beim Sprint.
Der 5,10 Meter lange Kombi mit seiner skulpturalen Fahrzeugfront nebst illuminierter Niere wird zum dritten Mal als M5 angeboten, erstmals als Plug-in-Hybrid, mit dem es reinelektrisch bis zu 67 Kilometer gehen kann. Der Preis startet hier bei 146.000 Euro, 2.000 Euro mehr als bei der Limousine. Für den emotionalen Ohrenschmaus sorgt die klappengesteuerte Sport-Abgasanlage mit den vier runden und verchromten Endrohren. Der darüber liegende Kofferraum hat ein variables Volumen von 500 bis 1630 Litern. Auch das maximale Zugvermögen an der Anhängerkupplung (1200 Euro Aufpreis) ist für Touring-Käufer von Relevanz, sie liegt bei 2000 Kilogramm. Der elektrische und schwenkbare Kugelkopf verschwindet auf Knopfdruck unter der Heckschürze, wenn er nicht gebraucht wird.
Ein weiteres Schmankerl gab es während der Monterey-Car-Week im Auktionszelt von Gooding & Company, traditionell oberhalb der Pebble-Beach-Lodge gelegen. Der allererste 2025er BMW M5 für den US-Markt (Fahrgestellnummer: WBS83FK0XSCS95483), ein echtes Einzelstück, kam unter den Hammer. Das Besondere: Die extra für den Pebble Beach Concours d'Elegance bei BMW Individual gefertigte Limousine hat die offiziell bereits eingestellte Außenfarbe Frozen Orange Metallic. Die beiden Merino-Lederfarben im Innenraum nennen sich Kyalami Orange und Silverstone Silber. Das exklusive Pebble-Beach-Logo findet man auf den schwarzen Türschwellern, den Kopfstützen und auf einer Karbon-Leiste rechts neben dem Armaturenbrett vor dem Beifahrersitz.
Der Wert dieses Unikats, übrigens auch mit dem M Driver's Package ausgestattet, liegt eigentlich bei knapp 200.000 Euro. Aber wie es bei Versteigerungen nun mal so ist: Mit dem sprichwörtlichen Auktionsfieber geht der Preis gerne mal durch die Decke. So auch hier, der glückliche Auktions-Gewinner zahlte umgerechnet 283.656 Euro, die einem lokalen wohltätigen Zweck gespendet wurden. Ein schöner Start in die siebte Generation der Ikone.
(Quelle: Falk von Ried, cen)